Mit dem klimatisierten Nachtzug, der den Vorteil hat, dass man Bettzeug bekommt, fahren wir nach Solapur um von dort direkt mit dem Expressbus weiter nach Bijapur zu fahren. Ein Expressbus ist ein Bus, der jedes andere Fahrzeug auf der Strecke zu überholen versucht und sich dabei völlig rücksichtslos verhält, Menschen in den Dörfern müssen rennen, wer nicht ausweicht ist selbst schuld. Weiter auf dem Land fahren entweder Busse oder hauptsächlich Lastwagen. Unser Expressbus schert ständig aus um zu überholen, Lastwagen kommen uns entgegen und wir finden im im letzten Moment zurück in eine Lücke vor den überholten Fahrzeugen, es ist jedes Mal beängstigend knapp. Auf der Strecke sehen wir zwei Unfälle, die Fahrer schienen sich nur knapp verschätzt zu haben, jedesmal ist ein guter Teil der Front ziemlich zerstört. In jedem Bus gibt es einen Busbegleiter, er fährt ein bestimmte Anzahl von Jahren mit und ist danach autorisiert selbst Bus zu fahren. So einfach ist das.
Unbeschadet in Bijapur angekommen essen wir als spätes Frühstück im Busbahnhof Iddlis und Vadas mit Sambar, an den Wänden im Restaurant laufen Kakerlaken, eine kleinwüchsige Sorte, die Wände hoch und runter. Als ich Wochen später meinem indischen Supervisor erzähle wo wir gegessen haben, reißt er die Hände über dem Kopf zusammen. Für ein paar Pfennige mieten wir Fahrräder, um die verstreuten Sehenswürdigkeiten zu besuchen, Bijapur hat einige der schönsten islamischen Bauten des Dekkan zu bieten, ist aber dennoch angenehm ruhig.
Der Golgumbaz, ein riesiges Mausoleum, wird von meinem Reiseführer folgendermaßen beschrieben:
Es wurde gegen Ende der Adil Shahi-Herrschaft erbaut und ist ein passendes Denkmal für eine kurz vor dem Niedergang stehenden Dynastie: pompös, dekadent und schlecht proportioniert, dafür im ganz großen Maßstab angelegt.Ein Herrscher hat den Auftrag zur Erbauung direkt nach Amtsantritt in Auftrag gegeben.
Die halbrunde 51 Meter hohe Kuppel mit einem Durchmesser von 37 Metern ist im Durchmesser nur 5 Meter kleiner als die des Petersdoms in Rom und damit zum Erbauungszeitpunkt 1659 die zweitgrösste Kuppel der Welt. Während man in den siebenstöckigen Seitentürmchen in die Kuppel aufsteigt, wird die Stimmung immer surrealer: die Kuppel ist als Flüstergewölbe konstruiert; die Innenwände sind in Form eines Halb-Rotationsellipsoiden gebaut - in Brennpunkten hört man geflüsterte Worte von Personen in weit entfernten Brennpunkten. An den Wänden sind die Brennpunkte vom Kontakt mit zum Rufen geformten Händen schwarz markiert. Touristen flüstern nicht nur, sie rufen laut, schreien spitz oder lassen ihr Handy klingeln, das Echo ist ohrenbetäubend und wir begeben uns auf den äußeren Umlauf der Kuppel. Bei einem Blick über die Landschaft sehen wir, wie sich Schulklassen nähern. Später ist es kaum zu überhören, dass sie in der Kuppel angekommen sind.
In einer Moschee sprechen uns zwei vollbärtige Männer aus Indonesien und Malaysia an und laden uns zum Tee ein. Mit einer Gruppe von betenden und diskutierenden Gläubigen auf Mission trinken wir zusammen Tee in entspannter Atmosphäre. Die Männer reisen von Moschee zu Moschee um von ihrem Glauben zu erzählen und erklären uns die Grundprinzipien des Tablighi Jamaat, einer islamische Erweckungs- und Missionierungsbewegung, deren Mitglieder großen Wert auf die Ausübung orthodoxer Vorschriften und die Befolgung der islamischen Riten legen und zu deren Pflichten es gehört regelmäßig, freiwillig und unbezahlt missionarisch tätig zu sein. Zum Essen bleiben wir nicht, obwohl es sehr gut riecht, aber es gibt noch mehr zu sehen in Bijapur.
Bevor wir weiterreisen gibt es giant dosa, gefüllt mit Kartoffeln.
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Merkwürdigerweise noch im Meer stehen Bäume und Buschwerk zwischen den Kanten, die von Ebbe und Flut gezogen werden.
Man hätte es sich fast denken können, der Eintrittspreis zu den Höhlen war im Preis nicht enthalten, auch mit meiner Argumentation, hier in Indien zu studieren, also resident zu sein, kam ich nicht weiter und wir mussten den üblichen Touristenpreis von 250 Rupien zahlen - Inder zahlen 5 Rupien, man fühlt sich wieder sehr willkommen. In Preis für unsere Fähre sollte ein Führer enthalten sein, natürlich gab es keinen, andere Touristen fanden am Eingang einen Führer, der extra zu bezahlen war. Erst viel später kam unser Führer, wir hatten schon nicht mehr damit gerechnet.
Große eindrucksvolle säulengestützte Höhlen sind im 8. Jahrhundert in den Felsen gehauen worden, im Inneren gibt es einen Lingam, an den Wänden Götterdarstellungen. Mehr dazu in diesem Artikel.
Vor der Hauphöhle stürzen sich Affen auf die Plastiktüten der Touristen; verweigert man ihnen den Eingriff, so ziehen sie stattdessen an der Kleidung, wiederholt hört man Menschen schreien. Über die Insel führt ein Rundweg, vorbei an schönen, zu dieser Zeit blätterlosen, Blütenbäumen. Am Ende dieses Weges stellen wir fest, dass, wenn wir vor dem Betreten der Höhlen anstatt nach links zu Kasse zu gehen, direkt rechts eingebogen wären, wir über den Rundweg ohne Eintritt zahlen zu müssen Zugang zu den Höhlen gehabt hätten.
Auf dem Weg zurück zur Fähre kam mir auf dem schmalen Steg zur Anlegestelle ein Rind entgegen und ich blieb einige Meter vor ihm auf seinem Weg stehen. Kurz vor mir senkte es kurz den behornten Kopf um abrupt auszuholen, verfehlte mich aber oder wollte mir nur zu verstehen geben, dass ich auszuweichen hätte - mit weichen Knien erreichte ich unverletzt das Boot.
Am Abend zurück in der Stadt liess ich mir im Bahnhof die staubigen Schuhe putzen. Der Schuhputzer bot mir an, meine breiten roten Gummischnürsenkel, integraler Bestandteil des Designs, durch einfache schwarze Schnüre zu ersetzen. Auch die weiche Sohle schien ihm zu missfallen, er wollte eine Sohle unternageln - ebenfalls völlig undenkbar. Er war allerdings kaum davon abzubringen.
Da Mumbai Bollywood, die derzeit grösste Filmindistrie der Welt, beherbergt, wollten wir uns einen Hindifilm ansehen. Der Film hiess Rama Rama, Untertitel gab es keinen, wir zahlen 220 Rupien pro Person (mehr als 4 Euro, der Schuhputzer hatte 5 Rupien verdient), sassen aber alleine im Kino. Atmosphäre durch begeisterte oder überhaupt am Film Anteil nehmende Inder gab es also leider nicht. Zu Beginn eines Films wurde die Nationalhymne gespielt. Dem Film konnte man folgen, da die Handlung nicht sehr komplex schien und ab und zu einzelne Worte bis ganze Sätze komplett in Englisch waren. In der Pause amüsierten wir uns über die Botschaft the popcorn sends you a message that it's been missing you.
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Im gleichen Stadtteil befindet sich der historiche Bahnhof Chhatrapati Shivaji Terminus (bzw. Victoria Terminus) im Stil der viktorianischen Neogotik, UNESCO Weltkulturerbe seit 2004.
Wir besuchten einen Markt, den man als Ausländer angeblich, so der Mann am Eingang, nicht ohne Führer betreten dürfte, er wolle kein Geld haben, wir sollen ihm vertrauen, er sei ein ehrlicher Mensch. Wir suchten nach Gewürzen, er war sehr gesprächig und erklärte uns alles Mögliche. Die Gewürzpreise waren astronomisch, also beispielsweise 700 Rupien für 100 Gramm statt etwa 30 Rupien, wie ich es aus Chennai kannte. Wir lehnten ab, besuchten weitere Gewürzläden. Während die Preise von Laden zu Laden immer weiter fielen, wurde unser Führer immer schweigsamer. Schliesslich, nach erfolgreichem Kauf, gingen wir zurück zum Eingang, verabschiedeten uns vom wenig begeisterten Führer und hängten ihn ab um alleine und in Ruhe durch den Markt zu streifen, vorbei an Ananasbergen, Katzen und Geflügel in Käfigen.
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